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Im Zeitalter von New Work und Digitalisierung stellt sich die Frage, ob es noch gute Gründe gibt, weiterhin auf Präsenzschulungen zu setzen.

Moderne E-Learning-Formate ermöglichen individuelles und selbstgesteuertes Lernen. Lernen für mündige Menschen.

Haben Präsenzschulungen also ausgedient? Dies möchte ich hier kurz beleuchten.

Selbstgesteuertes E-Learning, live-online Training und Präsenzschulung: kurze Begriffsklärung

Seit ca. 2013 führe ich als Trainerin neben Präsenztrainings auch Webinare durch. Später kam auch selbstgesteuertes E-Learning dazu. Da ich alle Trainingsarten kenne, erlaube ich mir, hier meine Sichtweise auf die Chancen von Präsenztrainings trotz zunehmender Digitalisierung darzustellen.

Bevor ich die wichtigsten Gründe für Präsenzschulungen im Vergleich zu selbstgesteuertem E-Learning oder live-online Trainings bzw. Webinaren aufzähle, möchte ich kurz die Begriffe klären.

Selbstgesteuertes E-Learning ist orts- und zeitunabhängig. Die Inhalte (z. B. Texte, Videos, Online-Präsentationen) werden online zur Verfügung gestellt und können meist über verschiedene Geräte vom PC bis zum Smartphone abgerufen werden. Das Lernen ist komplett oder größtenteils selbstgesteuert, d. h. der Lernende entscheidet selbst, wann er was lernen möchte.

Live-online Trainings bzw. interaktive Webinare (hier als Synonyme verwendet) sind Trainings im „virtuellen Klassenzimmer“. Sie werden auch dem E-Learning zugeordnet. Es sind also Seminare, die live-online zur Verfügung gestellt werden. Webinare sind damit ortsunabhängig, aber nicht zeitunabhängig. Und sie sind nicht selbstgesteuert, sondern werden von einem Webinar-Trainer bzw. einer Webinar-Trainerin geleitet. Die Gruppengröße kann sehr unterschiedlich sein, doch als Faustregel gilt: Je größer die Gruppe, desto geringer die Interaktion.

Wenn man ein Webinar mit 100 Teilnehmenden hält, würde ich definitiv nicht mehr von einem echten live-online-Training sprechen, sondern eher von einem Online-Vortrag mit geringer Interaktionsmöglichkeit. Diese in Form von Fragen per Chat und anonymen Umfragen. Wie man wirklich gute Webinare leitet erfahren Sie hier: Webinare meistern

Gründe für Präsenzschulungen

1. Intensive Interaktion und Erlebnisse ohne Begrenzungen in Präsenzschulungen

In einer guten Präsenzschulung lernen wir auch durch die Interaktion mit der Gruppe, z. B. in Diskussionen, Übungen, Simulationen und Rollenspielen. Diese sind in einem selbstgesteuertem E-Learning gar nicht bzw. nur rudimentär möglich. Die Erlebnisse in einer solchen Präsenzschulung sind intensiv und wirken lange nach. Das ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Gründe für Präsenzschulungen, wenn diese gut durchdacht sind.

In wirklich guten Live-online Schulungen können Interaktion und Übungen zwar auch stattfinden, allerdings immer mit gewissen Einschränkungen. Sie eignen sich weniger, wenn z. B. die Körpersprache (Blickkontakt, Mimik, Gestik, Stand, Raumnutzung) wichtig ist oder physische Gegenstände Teil der Übungen sein sollen.

Hinzu kommt leider, dass nur wenige Webinare wirklich interaktiv sind und ein Gruppengefühl aufkommen lassen. Wichtig ist hier, dass die Trainer:innen ihre Lerninhalte dem Webinar-Format entsprechend adaptieren und es schaffen, einen interaktiven virtuellen Raum zu schaffen. Dies geht jedoch kaum bei großen Gruppen über 15 Teilnehmenden und ganz kurzen Webinaren, bei denen sich die Webinarteilnehmenden nicht wirklich kennenlernen können.

2. Mehr Verbindlichkeit und Fokussierung in der Präsenzschulung

In einer ein- oder mehrtägigen Präsenzschulung kann der Trainer oder die Trainerin mit der Gruppe eine kontrollierte Lernumgebung schaffen, in der sich die Teilnehmenden eine echte Auszeit vom Arbeitsalltag nehmen können. Die Zeit zum Lernen wird also nicht wie beim selbstgesteuertem E-Learning irgendwo zwischendrin reingequetscht, sondern dediziert freigeschaufelt. Außerdem ist die Aufmerksamkeitsspanne von Teilnehmenden in Präsenztrainings höher als in Live-online Trainings.

Gerade, wenn es um Softskills geht, ist dies wichtig. Man ist fokussierter, wird weniger abgelenkt und erarbeitet sich Themen in einer anderen Tiefe. Und die Gruppendynamik ist meist noch intensiver als in einem interaktiven Webinar.

Durch das gemeinsame Lernen in der Präsenzschulung entsteht eine andere Verbindlichkeit, sich den Themen intensiv zu widmen und auch einmal da hinzuschauen, wo es vielleicht wehtut. Sozialer Druck durch die Gruppe ersetzt manchmal die mangelnde Selbstdisziplin.

Ähnliche Effekte der Verbindlichkeit und Fokussierung kann man meiner Erfahrung nach digital nur durch sehr interaktive und modular aufgebaute Webinare erreichen, bei denen Gruppenarbeiten zum Beispiel zwischen den Modulen stattfinden und eine Gruppe über mehrere Webinare hinweg konstant bleibt.

3. Teilnehmende gestalten Lerninhalte im Präsenztraining aktiv mit

In einer Präsenzschulung werden meist die Erwartungen und Herausforderungen der Teilnehmenden abgefragt und die Trainingsinhalte können entsprechend den Anforderungen angepasst werden.

In einem längeren Präsenzformat (ab 1 ½ – 2 Tage) besteht zudem die Möglichkeit, intensiv mit Fällen der Teilnehmenden zu arbeiten und damit das Training sehr praxisgerecht zu gestalten. Die Teilnehmenden können ihre ganz konkreten Fragen stellen und auch die Erfahrungen der anderen Teilnehmenden können in den Wissenspool mit aufgenommen werden.

Eine solche dynamische Anpassung ist bei einem selbstgesteuertem E-Learning von der Stange nicht möglich. Fragen können zwar manchmal auch beim selbstgesteuerten E-Learning an einen E-Trainer oder eine E-Trainerin gestellt werden, die Antworten kommen aber zeitverzögert und können das gesamte Trainingskonzept nicht beeinflussen.

In Webinaren mit begrenzter Teilnehmerzahl kann natürlich auch auf die speziellen Fragen der Teilnehmenden eingegangen werden. Hier müssen wir nur bedenken, dass der „Wirkraum“, also die Bühne des Trainers oder der Trainerin im Webinar kleiner ist als in der Präsenzschulung und daher wirklich gute Visulisierungen sehr wichtig sind, um Inhalte gut rüberzubringen und die Teilnehmenden nicht zu verlieren. Wirklich gute Visualisierungen sind in einem Live-online Training allerdings spontan viel schwieriger zu erstellen als in einer Präsenzschulung.

Außerdem nehmen einem sehr kurze Webinarformate auch die Flexibilität, spezielle Fragen der Teilnehmenden angemessen zu beantworten.

4. Gesteuertes Lernen in der Präsenzschulung ist oft effektiver als komplett selbstgesteuertes E-Learning

Selbstgesteuertes Lernen wird oft gehypt als effektiveres Lernen. Man lernt schließlich nur das, was man gerade braucht. Doch wissen Lernende wirklich immer genau, was sie benötigen? Wie sieht es aus mit dem blinden Fleck, den wir alle haben? Und wie oft lernen wir in einem Training ganz nebenbei etwas, nach dem wir nie gesucht hätten, das aber doch sehr wichtig für unsere Arbeit oder unsere Weiterentwicklung ist?

Durch eine längere Fokussierung auf ein Thema und intensive Erlebnisse in Übungen lernen wir in einer Präsenzschulung unweigerlich Sachen, nach denen wir nie gesucht hätten.

In einer Präsenzschulung verstehen wir Inhalte in einer anderen Tiefe und lassen uns in der Gruppe auch auf Themen ein, die wir anfänglich vielleicht als nicht so wichtig erachtet hätten.

Ganz oft entsprechen die größten Learnings und Aha-Erlebnisse der Teilnehmenden in meinen Präsenzschulungen so gar nicht ihren ursprünglichen Lernerwartungen. Selbst wenn ihre Erwartungen erfüllt und ihre Fragen beantwortet wurden, erachten sie am Ende des Trainings oft ganz andere Sachen als wichtigste Erkenntnisse, die sie auf jeden Fall mitnehmen und umsetzen wollen. Sie haben also etwas Wichtiges gelernt oder reflektiert, über das sie sich vorher nie Gedanken gemacht hatten und haben damit die Grenzen ihrer eigenen Gedankenwelt ein Stück weit gesprengt. Und ist es nicht genau das, was Lernen oft bewirken soll, zumindest bei Soft Skills?

Mit rein selbstgesteuertem E-Learning ist so ein Umdenken meines Ermessens nach kaum zu erlangen.

5. Networking-Effekte in der Präsenzschulung nutzen

Nicht vergessen dürfen wir den Networking-Effekt, den Präsenzschulungen haben. Dieser entsteht durch Vorstellungsrunden und Tandem-Interviews, in den Kaffeepausen, der Mittagspause und in Kleingruppenarbeiten. Manchmal auch beim gemeinsamen Abendessen nach einem Präsenzschulungstag.

Um die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, wird kompetentes Networking immer mehr zu einem Erfolgsfaktor im Unternehmen. Sich mit Menschen effektiv zu vernetzten, die nicht im engen eigenen Umfeld agieren, wird immer wichtiger, um Vorurteile abzubauen, neue Perspektiven einzunehmen, wichtiges Wissen schnell zu teilen und neue Ideen zu generieren.

Durch Präsenzschulungen kann man also auch ganz gezielt informelle Netzwerke innerhalb des Unternehmens und den bereichsübergreifenden Wissenstransfer fördern.

Bei selbstgesteuertem E-Learning geht dieser Networking-Effekt meist komplett verloren oder wird nur minimal über Social Learning Komponenten in Diskussionsforen etc. aufgefangen.

In Webinaren findet der Networking Effekt am ehesten statt, wenn sie sehr interaktiv gestaltet werden, es sich um kleine Lerngruppen handelt bzw. viel in Kleingruppen gearbeitet wird. Und wenn die Gruppe möglichst über einen längeren Zeitraum als Lerngruppe bestehen bleibt. Vorstellungs-/Warmup-Runden und Gruppenarbeiten sind hier wichtige Elemente, um den Networkingeffekt in Webinaren zu fördern.

Fazit: Weiterhin gute Gründe für Präsenzschulungen

Dieser Artikel hat einen Fokus gesetzt auf die weiterhin guten Gründe für Präsenzschulungen im Vergleich zu E-Learning. Er zeigt damit, dass Präsenzschulungen auch im digitalen Zeitalter weiter ihre Berechtigung haben werden. Die Haupt-Gründe für Präsenzschulungen liegen in der Interaktion, der Gruppendynamik, dem sozialen Druck und der störungsfreien Fokussierung auf ein Thema für einen längeren Zeitraum an einem bestimmten Ort.

Dieser Artikel hat jedoch nicht beleuchtet, welche Vorteile wiederum E-Learning hat, wie z. B. das orts- und zeitunabhängige Lernen, Einsparen von Reisezeiten und -kosten oder die Möglichkeit, gemeinsam in international gemischten Gruppen zu lernen. Außerdem kann man durch E-Learning Lernende über einen längeren Zeitraum hinweg begleiten und so für eine bessere Umsetzung in den Arbeitsalltag sorgen. Weitere Vorteile von E-Learning finden Sie hier: Warum überhaupt E-Learning?

Blended Learning vereint Präsenzschulungen mit E-Learning

Um die Vorteile beider Welten zu vereinen empfehle ich daher ein modernes Blended Learning Format, also das Einbinden von E-Learning-gestützten Selbstlernphasen in Präsenzschulungen und/oder in sehr interaktiven Live-online Trainings. Damit werden sowohl den Gründen für Präsenzschulungen als auch für E-Learning Rechnung getragen.

Gleichzeitig werden Sie allen Bedürfnissen der Lernenden gerecht und Trainer:innen und Personalentwickler:innen werden zu kompetenten Lernbegleiter:innen.

Ich entwickle mit Ihnen Blended Learning Konzepte für nachfolgende Schwerpunktthemen, führe Präsenzschulungen und interaktive Webinare für Sie durch und begleite das selbstgesteuerte E-Learning:

Hierfür setze ich auf die E-Learning-Plattform blink.it und „virtuelle Schulungsräume“ wie MS Teams, Webex oder Zoom, die Sie vielleicht bereits für Ihre Online-Meetings einsetzen.

Bitte sprechen Sie mich auch an, wenn es um die Qualifizierung ihrer internen Webinar-Trainer:innen geht.

Tipps & Trends


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