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Machtlosigkeit in virtuellen TeamsNeulich hatte ich mal wieder ein interessantes Kundentelefonat mit einer leitenden Angestellten, die in einer deutschen Tochterfiliale eines französischen Konzerns arbeitete. Sie beschwerte sich, dass die Franzosen ihre Teammeetings bewusst so hielten, dass die Nicht-Franzosen, also die Mitarbeiter in den Auslandsfilialen in Deutschland, Italien, Großbritannien, Schweden usw. benachteiligt seien. Sie meinte, dass das Machtgefälle von der Zentrale zu den Auslandsfilialen also bewusst gewollt sei und man so von einer gleichberechtigten virtuellen Zusammenarbeit überhaupt nicht sprechen könne. Was war da geschehen? Hat das etwas mit der französischen Kultur zu tun?

In der Konzernzentrale wird bestimmt, was gemacht wird und die in den Auslandsfilialen werden einfach darüber in Kenntnis gesetzt – auch wenn man offiziell vorgibt, die Mitarbeiter in den Auslandsfilialen bei den Entscheidungen miteinzubeziehen. Meine Gesprächspartnerin gab jedenfalls zu, dass das Ganze sehr demotivierend sei und war sich sicher, dass so einige Kollegen in den Außenstellen nur noch Dienst nach Vorschrift machten. Ein typisches Beispiel eines virtuellen Teams mit einer ungesunden Machtverteilung. Weitere Beispiele von typischen Machtfaktoren in virtuellen Teams finden Sie hier: Machtverteilung in internationalen virtuellen Teams

Doch wie schafften es die Franzosen in der Muttergesellschaft, die anderen so zu benachteiligen? Nun, ganz einfach: Die Franzosen sitzen zu acht in einem Konferenzraum in Frankreich zusammen, während die anderen jeweils über eine Online-Konferenz zugeschaltet sind. Während des Meetings reden die Franzosen oft so leise untereinander, dass die anderen, die nicht im Konferenzraum sitzen, zwar mitbekommen, dass etwas geschieht, aber nicht wirklich hören können, was geredet wird. Kein Wunder, dass man sich da ausgeschlossen fühlt! Die Redebeiträge der Mitarbeiter in den Auslandsfilialen sind dann auch entsprechend kurz. Typisch französisch? Nun, wenn ja, dann nur bedingt. Zwar sind die Franzosen bekannt für eine relativ hohe Machtdistanz und für eine sehr  zentralistische Staatsform. Doch wahrscheinlich handelt es sich hier eher um typische Muttergesellschafts-Allüren, gepaart mit einem gefährlichen Ethnozentrismus. Denn ich kenne ganz ähnliche Phänomene aus amerikanisch- und deutschstämmigen Konzernen.

Fest steht, dass solche Meetings mehr als ungünstig sind. Wenn schon einige nicht vor Ort dabei sein können, dann ist es fairer und der Kommunikation und Motivation in virtuellen Teams förderlicher, wenn alle online verbunden sind. Dann haben alle die gleiche Möglichkeit sich einzubringen.

Erst, wenn alle auch in virtuellen Meetings wertgeschätzt werden und sich aktiv einbringen können, entsteht für die Zentrale die ungemeine Chance, sowohl von den Auslandsfilialen zu lernen als auch in internationalen virtuellen Teams echte Synergieeffekte zu nutzen und kreative Lösungen zu entwickeln. Dies kommt den internen und externen Dienstleistungen sowie den Produkten des Unternehmens sicher zugute. Es erfordert allerdings, davon abzukommen zu denken, dass die eigene Art, etwas zu machen, immer die beste ist und bereit zu sein, auch mal über den Tellerrand zu schauen.

Arbeiten Sie auch in einem internationalen Konzern? Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Haben die Mitarbeiter in den Auslandsfilialen auch weniger zu sagen oder gibt es dieses Phänomen bei Ihnen nicht?

Tipps & Trends


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