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Bayerische KulturAls ich vor vielen Jahren zu einem Praktikumsaufenthalt von Berlin nach Bayern zog, habe ich sofort einige Unterschiede zwischen Münchnern und Berlinern bemerkt:

Dass die Münchner augenscheinlich viel mehr Wert auf schicke Kleidung als die Berliner legen, konnte man überall beobachten. Selbst beim Spaziergang im Englischen Garten begegneten mir auffallend gut und teuer angezogene Menschen.

Auch bemerkte ich sofort die ausgesuchte Freundlichkeit der Münchner. Vorher hatte ich schließlich hauptsächlich in Berlin und Paris gelebt. Die Einwohner beider Städte sind nicht gerade für ihre Höflichkeit bekannt. Endlich verstand ich, warum sich meine Kommilitonen, die aus anderen Regionen Deutschlands oder aus Großbritannien kamen, ständig über die Unfreundlichkeit der Berliner beklagten.

Andere kulturelle Unterschiede merkte ich erst nach und nach:

Für mich war es eine sehr angenehme Überraschung, dass es in München kein Problem darstellt, sich in einem vollen Lokal an einen Tisch zu setzen, an dem bereits Personen sitzen. Daran gewöhnte ich mich schnell. Und bei meinem nächsten Berlinbesuch wurde ich prompt wieder eines Besseren belehrt, als meine entsprechende höfliche Nachfrage in einem vollen Café von zwei Frauen abgelehnt wurde. Fast hatte ich es vergessen.

Mein Praktikum absolvierte ich in einem bayerischen mittelständischen Unternehmen. Auch wenn die Produkte des Unternehmens weltweit vertrieben wurden, so waren die Mitarbeiter doch sehr bayerisch geprägt. Vom Firmenchef, einem Patriarch alter Sorte, wurde ich mit 27 Jahren noch mit „Fräulein“ angeredet! In Berlin gab es diese Bezeichnung schon lange nicht mehr.

Meine Kollegen schienen mir erst ein wenig reserviert. Es dauerte seine Zeit, bis sie neugierig wurden und mich fragten, was ich denn genau hier mache etc. Aber dann waren sie auch sehr herzlich und es entstand ein angenehmes kollegiales Verhältnis. Dies war für mich der Startschuss für eine in Berlin unter Freunden und Kollegen übliche, leicht neckende Kommunikation. Schnell merkte ich jedoch, dass mein Humor hier nicht ankam. Die fragenden Blicke ließen mich immer öfter verzweifelt „Hey, das war ein Scherz!“ ausrufen, bis ich meinen Kommunikationsstil weitestgehend den Münchner Gewohnheiten anpasste. Zumindest im beruflichen Bereich.

An diesen kleinen Gegebenheiten kann man gut erkennen, dass es kulturelle Unterschiede nicht nur zwischen verschiedenen Staaten gibt, sondern auch zwischen Regionen. Solange wir nicht in anderen Regionen und Ländern leben, werden wir unsere kulturell geprägten Muster noch nicht einmal als solche erkennen. Stattdessen gehen wir meist davon aus, dass alle Menschen in unserem Land oder sogar weltweit dieses Muster haben, genau so handeln, denken und kommunizieren. Erst im Umgang mit anders geprägten Menschen, erst durch ihre Reaktionen auf unser Verhalten, werden wir uns unserer eigenen kulturellen Prägung bewusster.

Wenn wir unsere Erfahrungen dann noch entsprechend reflektieren, dann werden wir selbst flexibler in unseren Handlungen. Ohne diese Reflektion besteht leider die Gefahr, dass sich Stereotypen nur noch unnötig verstärken und wir uns überlegen vorkommen. Erst die Kommunikation auf der Metaebene über erlebte Unterschiede kann hier wahre Wunder bewirken.

Tipps & Trends


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