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Ein Missverständnis durch implizite virtuelle Kommunikation?

Dass virtuelle Kommunikation schnell schiefgehen kann, durfte ich neulich mal wieder persönlich erleben:

Ich stehe am Bahnhof. Ich bin mitten auf dem platten Land für einen Trainingsauftrag unterwegs. Hier war ich noch nie. Mein Taxi ist vorbestellt. Planmäßige Ankunft meines Zuges ist 19:15. Um 19:21 Uhr fahren wir ein.

Ich steige aus, sehe die Brücke, die über die Gleise führt und denke „Oh nein, hoffentlich muss ich nicht über diese Brücke!“ Denn ich habe echt viel Gepäck. Gepäck für 7 Tage gesamt, davon 2 verschiedene Trainings. Zum Glück kommt man auch direkt von meinem Ankunftsbahnsteig aus zu einem kleinen Parkplatz.

Der Mann vom Taxiunternehmen hatte mich gefragt, von wo ich komme, also wird man doch wohl auch auf dieser Seite stehen. Doch es ist kein Taxi in Sicht. Ich warte ein paar Minuten. Rufe das Taxiunternehmen an. Keine Antwort. Warte noch kurz. Rufe noch mal an. Vergeblich.

Ich bin unsicher. Was tun?

Ich werde unruhig, denn es ist dunkel und kein Mensch mehr in Sicht. Es fängt an zu regnen. Mein Taxi hat mich versetzt! Im Hotel hat man mir gleich gesagt, dass das mit dem Taxi ein Problem sein könne, wenn man es nicht vorbestellt. Aber deswegen hatte ich ja vorbestellt!

Plötzlich sehe ich einen Mann auf der anderen Bahnsteigseite. Ich bitte ihn, mal nachzusehen, ob dort ein Taxi steht. Das macht er auch netterweise und teilt mir dann mit, dass da kein Taxi ist. Aber, so meint er noch, wenn, dann würden die Taxis eher auf dieser Seite stehen. Also auf seiner Seite.

Also quäle ich mich mit einem schweren Koffer, einer Laptoptasche und einer großen Flipchartrolle über die Treppe auf die andere Seite. Warte dort. Rufe wieder das Taxiunternehmen an. Dann das einzige andere Taxiunternehmen im Ort. Nichts.

Was soll ich tun? Zum Hotel laufen? Keine Ahnung, wie weit das ist. Ich kenne mich nicht aus und es regnet. Zum Regenschirmhalten habe ich keine Hand mehr frei.

Schließlich hält wie durch ein Wunder ein Auto neben mir. Meine Taxifahrerin hatte erst 19:24 Uhr von ihrem Chef die Info erhalten, dass sie mich abholen soll. Als sie dort ankam, war ich längst über die Treppe auf die andere Seite gegangen. Sie wartete einige Minuten und ist dann nur sicherheitshalber noch mal auf die andere Seite gefahren. Wo sie mich entdeckt hat. „Warum ich denn nicht dort gewartet hätte?“

Ja, warum eigentlich nicht? Was ist an der Kommunikation schiefgelaufen?

Virtuelle Kommunikation – gewusst wie

Was ist in obiger Geschichte schiefgelaufen? Der Chef des Taxiunternehmens hat mehr implizit als explizit kommuniziert. Er hat vieles unausgesprochen gelassen, es impliziert. Als gegeben vorausgesetzt. Sprich, er hat so kommuniziert wie er das mit Ortskundigen macht. Und wenn ich ortskundig gewesen wäre, wäre auch alles gut gewesen.

Ich finde, der Chef des Taxiunternehmens hätte mir bei der Vorbestellung ganz klar und explizit sagen können, dass ich auf jeden Fall auf der Seite, auf der ich ankomme, warten solle. Dass es auch einen Moment dauern könne, man aber auf jeden Fall käme. Das hätte mir Sicherheit gegeben. Gedacht hat er das alles wahrscheinlich. Doch gedacht ist nicht gesagt. Bei mir ist es deshalb nicht angekommen. Leider hat er sich nicht wirklich in meine Lage versetzen können als ortsfremde und müde Reisende mit viel Gepäck.

Was können wir daraus lernen für die virtuelle Kommunikation?

Bei virtueller bzw. digitaler Kommunikation mit Menschen, die nicht den gleichen Kontext besitzen, empfiehlt es sich, mehr explizit zu kommunizieren. Der gleiche Kontext kann die gleiche kulturelle Herkunft sein, eine Ortskenntnis bzw. der gleiche Raum, in dem man sich befindet. Im benannten Fall war ich zwar auch deutscher Herkunft und mein Kommunikationspartner und ich haben vermutlich dieselbe Muttersprache, doch ich war nicht ortskundig und bei der Kommunikation auch nicht im selben Raum.

Merke: Bei Kommunikation über Distanz mit Gesprächspartner:innen kommuniziere bitte expliziter. Das gilt noch mal mehr, wenn die Kommunikationspartner:innen eine andere kulturelle Herkunft haben oder man sich noch nicht so gut kennt. Oder wenn man schriftlich kommuniziert wie bei einer E-Mail.

Wenn du wissen willst, wie man per E-Mail explizit und gut kommuniziert, dann schaue dir diesen Beitrag an: Bessere Mailkommunikation mit dem Kommunikationsquadrat.

PS: Ich habe diese Geschichte als Aufhänger für mein interkulturelles Training am nächsten Tag genutzt. Denn auch gerade bei internationaler virtueller Zusammenarbeit sollte man expliziter kommunizieren als normalerweise. Also nicht zwischen den Zeilen sprechen. Damit man sich nicht missversteht.

Tipps & Trends


Ja, ich möchte ein paar Mal im Jahr ein Update von the human factor erhalten. Mit Trends sowie Tipps & Tricks zur virtuellen, hybriden und interkulturellen Führung und Zusammenarbeit.